Trump-Kandidat Herschel Walker bezahlte Abtreibung (2024)

Mit der Football-Legende Herschel Walker wollten die Republikaner in Georgia endlich mehr afroamerikanische Wähler gewinnen. Doch der Senatskandidat stolpert von einem Skandal zum nächsten. Der neuste: Der Abtreibungsgegner soll einer Frau eine Abtreibung bezahlt haben.

Trump-Kandidat Herschel Walker bezahlte Abtreibung (1)

Vor zwei Jahren verloren die Republikaner ausgerechnet im Südstaat Georgia ihre Mehrheit im Senat. Beide Sitze gingen an die Demokraten: an den ehemaligen Investigativjournalisten Jon Ossof und den afroamerikanischen Pastor Raphael Warnock. Aus der schmerzhaften Niederlage zogen die Konservativen eine wichtige Lehre: In einem dynamischen Gliedstaat wie Georgia mit schnell wachsenden Vorstädten und einer zunehmend multikulturellen Wählerschaft muss sich die Partei gegenüber diesen Schichten öffnen.

Nun, da der Senatssitz von Warnock im November erneut zur Wahl steht, greifen die Republikaner diesen folgerichtig mit einem afroamerikanischen Kandidaten an: der Football-Legende Herschel Walker. Eine Senatswahl zwischen zwei Schwarzen in einem südlichen Gliedstaat ist im Grunde ein historisches Ereignis und zumindest auf den ersten Blick ein Zeichen dafür, dass der Rassismus in den USA nicht so virulent ist, wie linke Aktivisten stets behaupten. Doch was zunächst wie ein geschickter Schachzug der Republikaner aussah, entpuppt sich nun immer mehr als Boomerang für die Partei. Walker, der Donald Trump als seinen Mentor bezeichnete, war zwar ein grosser Athlet. Aber sowohl sein liederliches Privatleben als auch seine ambivalente Haltung zur schwarzen Bürgerrechtsbewegung eignen sich schlecht, um Afroamerikaner und andere Wechselwähler zu gewinnen.

Der eigene Sohn demontiert den Vater

Die Internetzeitung «The Daily Beast» hat am Montag berichtet, dass Walker einer ehemaligen Freundin 2009 eine Abtreibung bezahlt hatte. Die anonyme Frau lieferte der Zeitung als Beweis eine Quittung der Abtreibungsklinik, einen von Walker unterschriebenen Check über 700 Dollar und eine Karte, in der er ihr eine gute Besserung wünschte. Dies alles wäre kein Drama, hätte sich Walker im Wahlkampf nicht als kompromissloser Abtreibungsgegner und konservativer Familienmensch positioniert. «Als Christ, Vater und Ehemann weiss Herschel, dass starke Familien das Fundament unseres Landes sind», heisst es auf der Website des von Trump unterstützten Kandidaten.

In einem ersten Interview auf dem konservativen Fernsehkanal Fox News bezeichnete Walker die Vorwürfe als «glatte Lüge». Er habe niemals für eine Abtreibung bezahlt und wisse nicht, wer die Frau sein könnte. Am Donnerstag legte die Zeitung jedoch nach: Die ehemalige Freundin, welche die Vorwürfe erhebt, sei die Mutter eines Kindes des Senatskandidaten.

Gleichzeitig feuerte einer von Walkers Söhnen auf Twitter eine wütende Breitseite gegen seinen Vater ab: «Du bist kein ‹Familienmensch›. Du hast uns verlassen, um eine Reihe von Frauen zu knallen, und du hast uns mit dem Tod gedroht. Wir mussten sechs Mal in sechs Monaten umziehen, um deiner Gewalt zu entkommen», schrieb Christian Walker. Der konservative Influencer hat auf dem Kurznachrichtendienst über 288000 Follower.

Im Grunde sind diese unangenehmen Neuigkeiten für Walker jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Im Juni wurde bekannt, dass Walker neben seinem Sohn Christian drei uneheliche Kinder gezeugt hatte. In einem Fall musste die Mutter ihn verklagen, bevor er seine Verpflichtungen als Vater anerkannte und Alimente bezahlte. Walker hatte zuvor die Abwesenheit von Vätern in afroamerikanischen Familien als «grosses, grosses Problem» bezeichnet.

Suizidgedanken und häusliche Gewalt

Seine Ex-Frau Cindy Grossman wirft Walker zudem häusliche Gewalt vor. Er habe sie ein paar Mal gewürgt und bedroht, sagt sie in einem vernichtenden Wahlkampfspot. «Er hielt die Pistole an meine Schläfe und sagte, er würde mir das Hirn wegpusten.» Auch nach der Scheidung 2001 soll Walker ihr und ihrem neuen Freund gedroht haben, sie zu töten.

In einem Buch gestand Walker 2008 seine psychischen Probleme und Suizidgedanken ein. Er leide an einer Identitätsstörung, schrieb er. Diese soll auf seine Kindheit zurückgehen. Weil er stotterte und übergewichtig war, wurde er ausgegrenzt. Die Ehrlichkeit in seinem Buch steht allerdings im Gegensatz zu seinem bisherigen Wahlkampf. Unter anderem behauptete er, die Universität als einer der besten Studenten abgeschlossen und ein FBI-Agent gewesen zu sein. Alles war gelogen. Walker hat gar keinen Hochschulabschluss.

Im Kampf um die afroamerikanischen Wähler spielt jedoch nicht nur Walkers Privatleben eine Rolle. Auch eine Episode aus seiner Jugend holt ihn wieder ein. Noch bevor er die Georgia Bulldogs 1980 zur nationalen College-Meisterschaft führte, kam es in seinem Heimatdorf zu Protesten der schwarzen Bürgerrechtsbewegung. Diese erwartete, dass Walker sich in diesem Konflikt auf ihre Seite schlagen würde. Doch er wollte sich in dieser Sache nicht engagieren.

Nun wirft Walker seinem Kontrahenten Warnock vor, die Gesellschaft zu spalten, indem er den Rassismus in den USA als eine «Vorerkrankung» bezeichne. Die Politologin Andra Gillespie sagte gegenüber der Nachrichtenplattform Axios: «Indem Walker das Problem relativiert, wird er keine afroamerikanischen Stimmen gewinnen . Seine Botschaft richtet sich eher an weisse Wähler, die es satt sind, über Rassismus zu sprechen.»

Gemäss Umfragen wollen keine zehn Prozent der afroamerikanischen Wähler in Georgia ihre Stimme Walker geben. Aufgrund der starken Polarisierung in Amerika bleibt die Wahl am 8.November aber trotzdem spannend: Obgleich die Football-Legende völlig ungeeignet für das Amt eines Senators erscheint, haben die konservativen Wähler bisher zu Walker gehalten. Die Enthüllungen um die mögliche Bezahlung einer Abtreibung könnten ihm nun allerdings empfindlich schaden: Sagten die Umfragen zuletzt ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus, sehen die jüngsten Erhebungen Warnock derzeit im Vorteil. Der konservative Blogger Erick Erickson sprach mit Blick auf Walker gar von einem «vermutlichen K. o.».

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Christian Weisflog (Text), Jeff Dean (Bilder), Middletown

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Christian Weisflog, Washington

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